Ein Auszug aus dem Titel Chemie in Berlin von Alexander Kraft:
Diese seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr existierende Apotheke war im 18. Jahrhundert die Forschungsstätte von zwei der international bedeutendsten Chemiker der damaligen Zeit. Beide, Andreas Sigismund Marggraf und Martin Heinrich Klaproth, führten die wichtigsten ihrer sehr erfolgreichen wissenschaftlichen Forschungsarbeiten im Labor dieser Apotheke im Nikolaiviertel aus.
Gegründet wurde die Apotheke 1707 von Henning Christian Marggraf, dem Vater des Andreas Sigismund. Marggraf senior pachtete ab 1707 die Berliner Ratsapotheke. Das Geschäftslokal befand sich zuerst in einem Haus in der Spandauer Straße, Ecke Nagelgasse (heute Gustav-Böß-Straße). 1717 kaufte Marggraf dann das gegenüberliegende Eckhaus Spandauer Straße/Probstgasse (heute Probststraße) und verlegte die Apotheke in dieses Haus. An diesem Standort wurde die Apotheke nun bis 1945 unter wechselnden Namen, Besitzern und in um- bzw. neugebauten Gebäuden weiter betrieben. Sie hieß zuerst Zum weißen Bären, dann Zum schwarzen, später Zum goldenen Bären und wurde oft kurz Bärenapotheke genannt. 1720 erhielt Henning Christian Marggraf anstatt des Magistratsprivilegs ein königliches Apothekenprivileg. Aufgrund geänderter Straßenführung im Zentrum Berlins existiert die Einmündung der Probststraße in die Spandauer Straße heute nicht mehr.
Henning Christians Sohn Andreas Sigismund Marggraf wurde wie sein Vater ebenfalls Apotheker. Nach einer Lehre in der Hofapotheke bei Caspar Neumann und einer mehrjährigen Bildungsreise kehrte er 1735 nach Berlin zurück und begann in der väterlichen Apotheke zu arbeiten. Die nächsten 17 Jahre bis Ende 1752 leitete er als Provisor die Apotheke und führte seine chemischen Forschungsarbeiten in deren Labor durch. Hier machte er seine wichtigsten Entdeckungen.
Dazu zählen die Ausarbeitung eines verbesserten Verfahrens zur Phosphorherstellung, die Entdeckung des Edelmetalllösevermögens des Cyanids, ein Verfahren zur Herstellung von Zink aus dem Gallmeierz und die Entdeckung des Zuckergehaltes der Runkelrübe. In dieser Zeit verfasste er insgesamt 15 wissenschaftliche Arbeiten.
Nach dem Tod seiner Mutter 1752 verlor Andreas Sigismund Marggraf die Bärenapotheke durch eine Intrige seiner Schwäger Joachim Friedrich Lehmann und Julius Tilebein und musste das Haus zügig verlassen. Neuer Apothekenbesitzer wurde Johann Christian Flemming, der die Apotheke 1753 von Lehmann kaufte. Andreas Sigismund Marggraf erhielt allerdings im gleichen Jahr den neugeschaffenen Posten eines Chemikers der Akademie der Wissenschaften. Als Akademiechemiker wohnte und arbeitete er ab 1754 im neugebauten Laboratoriumshaus der Akademie in der Letzten Straße hinter dem Observatorium.
Einige Jahre später 1780 zog noch einmal ein Chemiker von Rang in die Bärenapotheke: Martin Heinrich Klaproth. Klaproth hatte nach seiner Apothekerausbildung und mehrjähriger Tätigkeit als Apothekergeselle bzw. Leiter einer Apotheke eine Nichte von Marggraf geheiratet und die Bärenapotheke von Flemming erworben.